25.09.2008 - 12:49
Der deutsche Jugendschutz, wie wir alle vermutlich wissen, gilt als einer der härtesten der Welt. Strikter sind nur Länder wie China, in denen der Staat nicht nur Jugendlichen, sondern auch Erwachsenen vorschreibt was und wie lange sie etwas zu konsumieren haben. Mit der Forderung nach immer weiteren Verboten drängt sich der Eindruck auf, dass Bayern sich dem offenbar annähern will.

Im Grundgesetz der deutschen Bundesrepublik Artikel 5, Absatz 1 steht geschrieben:
(1) [...] Eine Zensur findet nicht statt.
Relativiert wird dieser Punkt gleich unter Absatz 2, in dem steht:
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

Eine vollkommen sinnvolle Formulierung, und etwas das auch zu begrüßen ist. Nach dieser Formulierung wären PC-Spiele ja auch aus dem Schneider. Sie verstoßen nicht gegen Gesetze, die meisten sind nicht jugendgefährdend, und die persönliche Ehre einer in 3D Max erstellten Animation zu verletzen stelle ich mir schwer vor. Doch meinen Deutschlands Jugendschützer offensichtlich, dass das was in allen anderen Ländern der Welt kein Problem darstellt, in Deutschland die Jugend gefährdet. Während in Deutschland Eiferer für ein schnellstmögliches Verbot von Spiele eintreten die sie als jugendgefährdend erachten, schlägt man anderswo sogar ganz andere Töne an.

Allen Verbotsforderern voran schreitet das konservative Bayern, das meiner Meinung nach den Anschluss an eine moderne Welt schon so ziemlich verpasst hat. In einer Pressemitteilung des bayrischen Staatsministeriums des Inneren, forderte Innenminister Joachim Herrmann erst kürzlich wieder ein Verbot. Herr Herrmann hat vermutlich noch nie ein Computerspiel gespielt, aber das hält Politiker ja nicht davon ab, sich auf die im Ausland aber auch in Deutschland als populistisch kritisierten Forschungen von Christian Pfeiffers Institut zu stützen. Wo anders findet man solche Töne nicht. Egal wie lange man sucht. Ausser vielleicht in China. Einem Land von dem wir eine Ahnung haben wie dort mit mündigen Bürgern umgesprungen wird.

Eine Zensur findet also nicht statt. Um Spiele in Deutschland verkaufen zu können und keine "ab18" Beschränkung oder gar eine Indizierung zu riskieren, unterziehen sich viele Entwickler allerdings schon vorab einer (so vom Staat gewollten?) Vorzensur.

Community Manager Bashiok bezog im offiziellen Forum Stellung zu einer Aussage von Jay Wilson.

"Jay was referring to the German USK rating of 18. Which is a rating specific to Germany and games sold there.

In the US we have the ESRB, and other countries may have their own rating advisories and labels. For our ESRB rating and US release we have been and still are planning for a "M" for Mature rating."

In dem Interview sprach Jay Wilson nämlich von ihren Gedanken und Massnahmen, die speziell den deutschen Markt betreffen.

"The biggest thing is, that we are targeting not to be an 18 game. If we were to get an 18 rating, we would likely make some changes to the german edition, to make sure it would not get this rating. But we handle those things pretty far in advance."

Man macht sich also von vornherein Gedanken dazu, das Spiel für den deutschen Markt zu entschärfen, damit es auch da eine "ab16" Kennzeichnung erhält. Er spricht nicht von England, von Spanien, oder von irgendeinem anderen europäischen Land oder Amerika. Einzig und alleine zu Deutschland, einem Land in dem laut Grundgesetz keine Zensur stattfindet, muss sich ein Entwickler Gedanken machen wie er sein eigenes Spiel zensieren kann damit es gleich behandelt wird wie überall sonst auf der Welt.

Dabei geht es auch völlig anders. Abseits vom beinahe religiös anmutenden Verbotseifer in Deutschland, gibt es in anderen Ländern völlig andere Stellen, die sich grundlegend anders mit der Materie befassen. Die österreichische BuPP beispielsweise ist selbsterklärend. Anklicken, und staunen. Zwar teilt auch die BuPP die Auffassung dass es jugendgefährdende Spiele, wie auch für mich Manhunt unbestritten eines ist, gibt. Doch zeigt alleine diese Seite das Bayern in seinem Versuch unter dem Deckmantel des Jugendschutzes Rechte von Erwachsenen zu beschneiden ziemlich alleine dasteht.

Und ja. Ich spreche hier im Zuge von Jugendschutz von den Rechten Erwachsener. Die von Matthias Dittmayer erstellte Seite Stigma-Videospiele enthält in diesem Link unten eine klare Darstellung, dass der Jugendschutz durch Indizierung Erwachsene sehr wohl betrifft. Vor allem wenn ein generelles Verbot durchgesetzt wird.

Diablo 3 wird also ein Spiel werden, das in Deutschland anders aussieht als im Rest der Welt. Sind Deutschlands Jugendliche um so vieles schreckhafter, oder so viel leichter in ihrer Entwicklung zum verantwortungsbewußten Erwachsenen zu beeinflußen als anderswo auf der Welt? Die beiden Vorgänger haben trotz Wirbelwindattacke und spritzendem Pixelblut keinen deutschen Jugendlichen dazu verleitet mit zwei Äxten eine Spur durch ein Einkaufszentrum zu ziehen. Bei beiden Teilen waren Deutschlands Verantwortliche nicht aufgesetzt erschrocken über die Gewaltdarstellung, die uns alle unweigerlich zu Mördern und schlechten Schülern machen muss.
Aber wo sind die denn? Wo sind all die tausenden Gewalttäter die durch das spielen von Diablo zu Massenmördern mutierten? Ich kann sie einfach nicht finden. Vielleicht habt ja ihr eine Antwort.

>>AUFGEROLLT #1: "VOM TÄGLICHEN GRAFIKWAHNSINN"
>>AUFGEROLLT #2: "DU MINION, ICH DUMM"
>>AUFGEROLLT #3: "VON DER WICHTIGKEIT DES BUILD"
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